Dienstag, 24. Juni 2014

Von der Macht der Vergangenheit und meinem Entschluss mit ihr zu wachsen

Es gibt Erinnerungen, die lassen uns nicht los. 
Es gibt Dinge, die können wir nicht mehr ändern... 
Manchmal erleben wir Situationen, in denen wir ganz anders hätten handeln wollen, 
als wir damals in der Lage waren. 
Wir erkennen in einigen Fällen den rechten Weg erst, 
wenn wir in Gedanken immer und immer wieder reagiert haben. 

Aber oft kann man mit der Erkenntnis, was man hätte besser machen können, im Nachhinein nicht viel mehr anfangen, als dem Ärger, der Wut, der Trauer noch mehr Raum zu geben, als sie sich ohnehin schon selbst nehmen.

Etwas, was mich jahrelang beschäftigt hat, war die Tatsache, dass ich mich von meiner Oma nie so richtig verabschieden konnte. Ich war schon eine junge Dame, als sie starb und ich bereue, dass ich in den letzten Tagen nicht noch einmal bei ihr war. 

Diesen Fehler habe ich bei meiner zweiten Oma nicht begangen, aber das hilft über den ersten Verlust nicht hinweg. 



Sie war sehr krank am Ende, hat viel gelegen...auf einer gemütlichen kleinen Couch 
im gemütlichen kleinen Esszimmer gegenüber ein großer Kachelofen, 
auf dem während meiner Kindheit nahezu immer hart gewordene Brotstücke gelegen hatten. 
Ich weiß bis heute nicht, wofür die Großeltern die Brotscheiben getrocknet haben, 
denn Tiere hatten sie längst nicht mehr.

Irgendwann wurden mein Cousinchen und ich außerplanmäßig von der Schule abgeholt und mussten realisieren, dass unsere Oma nicht mehr da war. 

Ich erinnere mich so gut an meine Kindertage in dem kleinen Häuschen, 
wie der Boden im Wohnzimmer knirschte, 
wie kalt es auf dem stillen Örtchen war, 
wie geheimnisvoll das kleine, schmale Zimmerchen mit der alten Nähmaschine sich im ersten Stock hinter einer der drei Türen auf dem winzigen Flur versteckt hat, 
wie riesig das alte Ehebett wirkte und wie kühl sich die Kissen darin anfühlten und
wie unglaublich spannend und glitzernd der Inhalt des Wohnzimmerschranks 
auf ein junges Mädchen wirken konnte. 

Espressotassen wurden zu Kinderkaffeegeschirr, 
Reis, Zucker und Haferflocken wurden zu ganzen Menüs verrührt und serviert 
und Perlen, die man aneinander fädeln konnte, wurden zu unzähligen Ketten und Armbändern. 

Ich kann mich an jede Ecke des Hauses erinnern. 
Besonders faszinierend waren auf dem Dachboden versteckte Disneyfiguren, 
die mein Papa als Jugendlicher dort an die schrägen Wände gemalt hatte. 
In meiner Erinnerung strahlen sie vermutlich farbenfroher, als sie tatsächlich sein konnten, aber das gehört nunmal zum Erinnern dazu. 

Ich war ungefähr 17, als das Märchen endete... 
Und ich war ungefähr 25, als ich mir verzeihen konnte, mich nicht verabschiedet zu haben. 

Inzwischen bewohnten Onkel und Tante das Haus meiner Oma, hatten viel erneuert und verändert. Aber eines Nachts war es, als wäre alles noch wie früher... 
Ich betrat den Flur und ging in eine warme, beleuchtete, alte Küche 
und da stand sie am Herd und blickte mir verständnisvoll entgegen. 
Ich hab ihre vertraute Stimme gehört, als sie sagte, es sei alles in Ordnung. 
Und ich habe ihre Wärme verspürt, als ich mich in ihre Arme warf, 
um meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen... 

Dieser kurze Moment blieb mir nur, 
dann war es auf einen Schlag dunkel um mich herum. 

Seid ihr schon einmal weinend aufgewacht? 

Wenn ja, wisst ihr, dass es eine Zeit braucht, 
sich in der Wirklichkeit zurecht zu finden 
und dass man manchmal wimmernd aufwacht 
und dann so richtig in Tränen ausbricht, 
wenn man realisiert, dass alles nur ein Traum war, 
manchmal vor Erleichterung, manchmal weil man eben genau DAS bedauert. 

Ich habe geweint, weil sie mir ein zweites Mal genommen wurde, so abrupt, ohne Vorwarnung, nach einem kurzen Moment vertrauter Erinnerung. Als es Tag wurde, wendete sich meine Sicht auf das Erlebte...

Sie hatte die Last mit sich fortgenommen.

Natürlich weiß ich, dass allein mein Unterbewusstsein verantwortlich für diesen Traum war. 
Aber da der Hauch einer Chance besteht, dass es doch anders gewesen sein könnte, lächle ich bei dem Gedanken daran, dass sie nicht wollte, dass ich mir weiterhin Vorwürfe mache. 

Ich bedaure es noch immer, aber ich kann heute damit umgehen.

Solche Erfahrungen schützen nicht für´s ganze Leben vor Leichtfertigkeit oder Fehlentscheidungen, aber sie lassen mich wachsen und machen sensibel für zwischenmenschliche Verbindungen. 
Sie erhöhen die Konzentration auf Menschen, 
die mir wichtig sind und immer sein werden. 
Sie sollen genau das wissen, 
dann werden sie hoffentlich den einen oder anderen Fehler verzeihen und sagen: 

"Es ist alles in Ordnung."








Dienstag, 17. Juni 2014

Von beseelten Lampen und schönen Erinnerungen

Heute Morgen haben wir uns an einen Wintertag erinnert...

Der Sommer ist noch nicht einmal richtig gelandet. Und trotzdem haben wir uns für einen Moment der Sehnsucht nach winterlicher Gemütlichkeit ergeben. 

Ich bekomme jeden Morgen meinen Kaffee ins Badezimmer geliefert. 
Der liebste Ehemann steht kurz nach 5 auf, ich kurz nach halb 6. Wir treffen uns täglich zwischen Duschkabine und Waschbecken und erzählen uns, wie die Nacht war. 
Wenn er dann den Raum verlässt, dauert es nicht lange, 
bis es im Haus nach frisch gemahlenem Kaffee duftet. Einen nimmt er mit ins Auto und einen bringt er mir in einer schönen Porzellantasse ins Badezimmer. 

Tassen sind eine meiner Schwächen. Ich kann einer schönen Porzellantasse nur sehr schwer widerstehen. Also musste ich mich irgendwann auf einen "Deal" einlassen. 
Für jede Tasse, die ich neu kaufe, muss eine andere unseren Haushalt verlassen. 
Es gibt immer eine, die angeschlagen ist und eigentlich weg könnte. 
Aber es tut mir um jede einzelne leid, denn ich erinnere mich gern daran, 
wie sie bei uns eingezogen ist. Und wenn die angeschlagene Stelle nicht zu lebens- oder schönheitsbedrohlichen Verletzungen führen könnte, bleibt die Tasse im Schrank. 

Ich bin kein Messi, ich schätze nur Dinge, die eine Seele besitzen. 
Eine Seele besitzt auch die kleine Porzellanlampe, die direkt neben unserer Kaffeemaschine steht. 
Ich kenne ihre Geschichte nicht wirklich. Sie gibt nicht viel von sich preis. 
Ich hab sie aus einer Haushaltsauflösung bekommen. 
Meine liebste Mama kennt mich gut und reagiert sofort, wenn ihr Schönes begegnet, 
das mich glücklich machen könnte. 
So hat sie die kleine Lampe prompt in Sicherheit gebracht, als sie ihr von einer damaligen Kollegin angeboten wurde, deren Schwiegermutter gerade verstorben war, zu deren Einrichtung das gute Stück  gehört hatte.



Eine Besonderheit mit einer Vergangenheit zu besitzen und ihr ein neues Heim zu bieten, ist für mich schöner, als etwas sein eigen zu nennen, für das man einfach viel bezahlt hat. 

So stelle ich mir vor, wie die kleine Lampe in einem gemütlichen kleinen Wohnzimmer mit knarzenden Dielen auf einem alten Eichenholztischlein mit Häkeldeckchen stand und am ganz frühen Morgen und ganz späten Abend für ein kleines, warmes, glückliches Licht gesorgt hat, während ein älteres, liebenswertes Ehepaar gemeinsam in den Tag gestartet ist oder den Abend genossen hat. 

Sie bringt Erfahrung und Lebensmut mit, denn das Ehepaar ist nicht mehr, die kleine Lampe schon.

Sie beobachtet nun Tag für Tag einen liebenden Ehemann, 
der sich manchmal zu Karamelherzen auf dem Milchschaum hinreißen lässt 
und dann mit einer zart geblümten Tasse den Raum verlässt. 
Und sie wartet täglich darauf, 
dass eine liebende Ehefrau eben diese Tasse bald darauf 
zurück in die Küche bringt und ganz eilig gerade so in der Lage ist, 
einen Platz AUF statt IN der Spülmaschine für sie zu finden... 

Und sie ist ganz beruhigt, wenn irgendwann am Tage der Herr des Hauses wieder auftaucht und still schmunzelnd das Geschirr in der Spülmaschine verschwinden lässt, weil es leider (zum Glück) immer dasselbe ist. Mit ein wenig Verständnis kann Gewohnheit etwas sehr beruhigendes sein.
Also lasst euch nur niemals einreden, dass Alltag etwas schlechtes ist. Unsere kleine Lampe kann bestätigen, dass Alltag in einer Beziehung wunderbar wohlig, gemütlich, herzlich und liebevoll sein kann.

Heute morgen durfte sie leuchten. Und als der liebste Ehemann mit meinem Kaffee ins Badezimmer kam, meinte er, es wäre gerade so gemütlich gewesen, wie im Winter, wenn die kleine Lampe morgens unser erstes Licht war. Und ich war den ganzen Tag glücklich, weil ich daran dachte, wie wir im Badezimmer mitten im Juni an einen gemütlich kalten, dunklen, aber beleuchteten Wintertag dachten und gemeinsam fühlten, wie großartig es ist, so bezaubernde kleine Erinnerungen zu haben.

Ich liebe mein Leben, weil ich so viel schönes erleben darf.
Haltet die Augen und eure Herzen offen, dann werdet ihr ähnliches erleben.

Freitag, 6. Juni 2014

Von der Suche nach der inneren Ruhe und dem Glück, das darauf folgt

Irgendwann einmal habe ich gehört: 

"Wenn man sich erst fragt, ob man eigentlich glücklich sei, dann ist man es schon nicht mehr." 
(Verfasser unbekannt)

Ich glaube nicht daran.
Ich glaube vielmehr, dass man stetig in sich hinein hören muss,
und sich genau diese Frage stellen muss, um zu verhindern, dass das Glück vorbei geht.
Früher habe ich lange gesucht und wenig gefragt.
Ich war mit dem Kopf immer einen Schritt schneller als mit dem Herzen.
Es gab eine Zeit, in der ich ständig in einem höheren Tempo gerannt bin,
als die Menschen um mich herum.
Das Problem dabei war, dass es kein Ziel gab.
Ich bin im Kreis gegangen, immer wieder an denen vorbei,
die verzweifelt versucht haben, mich einen Moment zu halten,
um zu erfahren, was mich (an-)treibt.
Mein Gefühl sagte mir, ich sei jung, dynamisch, erfolgreich.
Bis die Nächte mich ausgebremst haben.
In Nächten, in denen ich wach wurde und nicht wieder einschlief,
flimmerten die Fragen in meinem Kopf, die ich bei voller Fahrt am Tage nicht zulassen wollte. 

"Was willst Du überhaupt? Wo willst Du hin? Und was soll das eigentlich alles?"

Mach mal Pause... Das wollte ich nicht. Einmal bin ich allein an´s Meer gefahren und hatte dort stets laute Musik auf den Ohren, anstatt die Stille auszuhalten...


Was für eine turbulente Zeit.

Ich erinnere mich, dass ich über die Jahre ständig auf der Suche nach einem festen Hobby war. Eines, von dem ich andere sagen hörte, es würde sie völlig entspannen oder sie könnten damit den Kopf "frei kriegen". Ich war sogar so verrückt und hab es mit Sport versucht...
Tse, als ob man die Liebe zum Sport erzwingen könnte. ;)
Ich hatte das Bedürfnis, abzuschalten,
nicht noch einen und noch einen Kilometer mehr zu rennen... ;)
Ich bin nicht unsportlich, aber für´s exzessive Auspowern nicht geeignet.

Dann kam irgendwann das Häkeln in mein Leben und gleich darauf das Nähen...
Was soll ich sagen? Es hat mich gepackt.
Das eine, was ich zu meiner über alles geliebten Familie noch obendrauf brauchte,
ist tatsächlich die Handarbeit.
Wer hätte das gedacht?
Mein Papa sagt oft, dass meine Oma große Freude daran hätte, was ich mir beigebracht habe.
Und dann wünschte ich mir immer, ich hätte mehr Zeit mit ihr an der Nähmaschine oder auf dem Häkelsessel im Wohnzimmer verbracht. 
Vielleicht hätte ich dann mehr gefragt und weniger gesucht.
Und wenn ich ehrlich bin, auch weniger geweint... Denn es war kraftraubend, immer perfekt und vorn dabei zu sein. Heute bin ich großzügiger mit mir selbst und gelassener, wenn etwas mal nicht sofort funktioniert.



Ich weiß jetzt, dass ich eigentlich alles kann. Manches hab ich nur noch nicht oft genug geübt...  ;)

Mich diese Woche wieder zu befragen, das hat einen bestimmten Grund.
Ich habe mich mit einer lieben Freundin zum Mittagessen getroffen.
Sie ist eine der schönsten Frauen, die ich kenne. Sie ist schon lange eine der stärksten Frauen.

Sie hat Krebs, Brustkrebs.

Und sie hat auch manchmal Angst, dass sie sterben könnte.
Aber sie hat sich und ihre Situation genau hinterfragt. Und sie ist glücklich, sagt, es ginge ihr gut. Und sie konnte mir sehr genau und reflektiert erklären, weshalb das so ist.
Sie sagte: "Dani, ich bin NUR krank."
Klingt völlig absurd, wenn man gesund und mit vollem Haupthaar neben ihr sitzt.
Aber nachdem ich die ganze Woche an ihre Worte denken musste,
werden sie langsam greifbar. Denn sie sagte auch:
"Lebe jeden Tag, als wäre er ein eigenes kleines Leben."
"Warte weniger, mach mehr von dem, was Dir gefällt. Genieße mehr und zeig,
wie schön Du aussehen kannst."
Sie sah auch bei unserem Mittagessen fantastisch aus. Und während der ganzen Zeit in diesem kleinen Restaurant und auch danach auf dem Weg zum türkischen Obstladen war ich stolz, so eine schöne Frau zur Freundin zu haben. Franzi, falls Du das hier liest, ich bin froh, dass es Dich in meinem Leben gibt.

Die Begegnung mit Dir hat mich wieder bewogen, mein Tempo zu drosseln und mich zu fragen:
"Bin ich eigentlich glücklich oder versuche ich gerade wieder, mich selbst zu überholen?"
Ich BIN glücklich, bewusst glücklich.
Nicht aufgrund dessen, was ich habe, sondern aufgrund dessen, was ich weiß, was ich liebe, was ich kann und können möchte.
Ich habe viel erreicht und dennoch Ziele. Und im Moment zumindest bin ich gesund, was viele andere nicht sind. All denen möchte ich noch einmal das ganz besondere Zitat an´s Herz legen:

"Lebe jeden Tag, als wäre er ein eigenes kleines Leben."




Bleibt schon gesund. Bis bald.

Eure Dani