Sonntag, 9. November 2014

Von den vergangenen 525.600 Stunden, 21.900 Tagen und 3120 Wochen im Leben meiner Mama



Meine liebste Mama hat heute Geburtstag.

Wir haben ein schönes ruhiges Familienfest hinter uns. 
Weil sie so wichtig für mich ist, widme ich ihr heute meinen Blogpost und zwar mit der kleinen Rede, 
die ich vor ein paar Stunden gehalten habe...




Wenn Du 60 wirst, hast Du in 525.600 Stunden 
21.900 Tage und 21.900 Nächte hinter Dich gebracht. 
Du hast 3120 Wochen erlebt in 240 sich abwechselnden Jahreszeiten. 
Weit mehr als die Hälfte dieser 3120 Wochen hast Du gearbeitet, 
einen Bruchteil dieser Zeit mit Urlaub und Erholung verbracht. 
Du hast 60 Mal Weihnachten gefeiert, 60 mal das neue Jahr begrüßt und kannst Dich doch nie an jedes einzelne erinnern. 

Es sind nur die Momente, in denen der Puls besonders hoch war, 
an die wir uns erinnern, 
die wir in Gedanken immer wieder erleben 
und die deshalb präsent bleiben. 
Dein Hochzeitstag, 
die Geburt Deines ersten Kindes, die Geburt Deines zweiten Kindes, 
der erste richtige Familienurlaub. 

Neben den offensichtlichen, die ein Datum haben, 
gibt es aber noch die verborgenen, die irgendwann passiert sind… 
Rosinen am frühen Samstagmorgen im Ehebett, 
kleine gebastelte Liebesbotschaften oder Entschuldigungsbriefe von den Kindern, 
ein weißes Häkeltuch, das irgendwo hin verschwunden ist, 
der kleine Pfennig am Sonntagmorgen, 
der tägliche Anruf von zu Hause, wenn die Tochter von der Schule kam, 
„physische Effekte“ im Kinderzimmer des Erstgeborenen, 
Besuch aus dem Westen, 
der erste Salat zum Mitnehmen von Karstadt in Kassel, 
die ewig malende oder bastelnde Tochter am Küchentisch, 
die Kumpels des Sohnes, die den selbstgebackenen Kuchen geil finden, 
diverse Haustiere, von der Katze über Meerschwein, Hamster, Chinchillas, 
bis hin zu Vögeln und dem Ferienhund, 
und dass, obwohl ihr nie Tiere wolltet. 

Es fühlt sich warm und hell an, wenn man daran denkt. 
Aber das Leben ist nicht immer warm und hell. 
Es gab auch harte Zeiten.. 

Der Liebeskummer der Kinder, auch der eigene… 
Der Verlust von geliebten Menschen, 
die im Herzen aber auch heute dabei sind. 
Die Krankheit, der Du eine Kampfansage gemacht hast, 
die Dich aber unendlich viel Kraft gekostet hat. 
Sorgen und Angst vor finanziellen Problemen, nicht nur in dieser Zeit. 

Das eigene Heim hat dabei immer den Rückzugsort geboten. 
Du hast alles weiß gesprüht und gemalert, 
was Du in die Finger bekommen hast. 
In Deinem Wohnzimmer fühlt man sich geborgen zwischen Greengate-Kissen und liebevoll arrangierten Dekoartikeln. 
Landhausstil, aber nicht altmodisch. 

Den Anschluss an die Modernität hast Du nie verloren. 
Die erste der Elternfraktion, die What´s App beherrschte, 
die erste, die sich ein Tablet zugelegt hat 
und immer eine Lösung für die kleinen technischen Tücken findet. 

Nur manchmal fragst Du nach Hilfe… 
Dann, wenn Du wirklich alles versucht hast und trotzdem nichts funktioniert. 
Zu Deinem Geburtstag hast Du Dir einen Zuschuss zum ersten eigenen Laptop gewünscht 
und ich sehe Dich schon vor mir, mit einem Pot Kaffee in die Sofakissen gekuschelt, 
durchs World Wide Web surfend, 
einfach so, 
weil es geht. 

Und ich würde mich freuen, wenn Du das wirklich mal tun würdest. 
Verordnete Erholungszeit… 
Das hab ich schon einige Male versucht. 
Funktioniert hat es selten. In Deinen Augen gibt es immer was zu tun. 
Kochen, backen, waschen, bügeln…
Kein Halm Unkraut ist sicher vor Dir 
und den Nacktschnecken servierst Du ein leckeres Pils, 
wenn es Dir zu bunt wird. 
Lehnen Sie dankend ab, 
lässt Du sie eiskalt über die (Gartenscheren-) Klinge springen.

Du liebst Blumen, vor allem Rosen, 
du liebst die Sonne, aber auch gemütlich verschneites Winterwetter. 
Du liebst es, gemeinsam mit der ganzen Familie zu essen, 
auch wenn es meistens viel Arbeit macht, wenn die ganze Bande da ist. 
Du duldest es, dass Dein zauberhaftes Wohnzimmer binnen Minuten 
in ein riesiges Spielzimmer verwandelt wird. 

Und ich weiß, es ist immer noch ganz laut in Deinem Kopf, 
wenn wir nach einem gemeinsamen Wochenende 
längst wieder auf dem Heimweg sind. 

Du liebst Deine drei Enkel, als wären sie Deine eigenen Kinder. 
Manchmal nennen wir Dich heimlich „Die Kinderflüsterin“. 
Denn niemand ist so schnell unentbehrlicher Spielgefährte wie Du. 

Du warst da, als ich ins Muttersein gestolpert bin und versucht habe, 
wieder Zeit für mich selbst zu gewinnen. 

Du warst da, als unser Kind das erste Mal krank war 
und hast mich oft unterstützt, wenn ich zur Arbeit 
und ihn mit hohem Fieber zurücklassen musste. 
Wir verbringen gern Zeit mit Dir und sind froh, 
dass es umgekehrt genauso ist. 

Ich fühle mich reich beschenkt mit meiner Kindheit und mit allem, 
was danach kam. 
Denn allein waren wir nie mit einem Problem. 

Ich weiß, dass ein solches Verhältnis zwischen Eltern und Kindern nicht selbstverständlich ist. 
Darum danke ich Dir unendlich für die vergangen 32 Jahre 
und verspreche Dir, 
dass Du auf uns zählen kannst, 
für immer…